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Wer gibt eine derart unfaßbare Äußerung von sich? Ein wahnsinniger Militarist, ein Fanatiker irgendeiner extremen Partei? Wenige Österreicher hätten vor kurzem noch geglaubt, daß einer der höchsten Beamten unseres verfassungsgesetzlich neutralen Österreichs eine solche Äußerung von sich geben könnte. Sektionschef Erich Reiter war Beauftragter für Sicherheitsfragen und damit einer der ranghöchsten Beamten im Verteidigungsministerium. Seit Jahren trat Reiter öffentlich gegen die Neutralität und für weltweite Militäreinsätze des Bundesheeres im Rahmen der EU-Kampftruppen auf.
In einem Interview mit der Zeitung Volksblatt am 21.
1.06 ging Reiter noch einen Schritt weiter. Er rief die EU-Staatschefs
auf "ernsthaft über den Einsatz von Atomwaffen zu reden" und
später "Ja, die Europa braucht atomare Abschreckung. Es
muß bereit sein, die Atombombe auch einzusetzen."(News 6/06).
Kein öffentlicher Aufschrei war die Folge. Bundeskanzler,
Abgeordnete, Parteimitglieder, keiner rührte zunächst
ein Ohrwaschl angesichts der ungeheuerlichen Aussagen. Erst nach dem
Protest von Friedens- und Umweltinitiativen sowie engagierter
Einzelpersonen, nach einer Briefaktion an die NR-Abgeordneten wurde der
atomfreudliche Sektionschef endlich durch Minister Platter seines Amtes
enthoben. Doch die Freude über diesen schönen Erfolg
zivilgesellschaftlichen Drucks auf die Politik währte nicht
lange. Kaum war der öffentliche Rummel abgklungen, wurde
Reiter Ende März wieder "fachlich rehabilitiert" und mit
Funktionen über seine Pensionierung hinaus betraut.
Dieses Resultat zeigt, daß Reiter mit seinen Ansichten eben kein Außenseiter ist, sondern durchaus auf Regierungslinie liegt, die die Entwicklungen in der EU spiegelt. Wenn solche Leute unsere "Verteidigungspolitik" bestimmen, wird es schwer werden, genügend Druck für internationale atomare Abrüstung zu erreichen.
Diese Aktion war aller Wahrscheinlichkeit nach ein
"Testballon" für die Öffentlichkeit, wieweit solche
"Ideen" schon öffentlichkeitsfähig sind. Sie zeigt,
wohin manche auch unser Land steuern wollten, wenn sie unwidersprochen
blieben. Reiter ist zwar wieder im Amt, doch die zahlreichen
Bürger und Aktivisten, die ihren Protest kundtaten, haben
dennoch einen großen Erfolg errungen: eine
öffentliche Gleichgültigkeit oder gar Akzeptanz
solchen Ansichten gegenüber wäre eine Katastrophe
gewesen, weil sie die Atomwaffenlobby zu noch ungenierterem Vorgehen
ermutigt hätte. Diese Katastrophe konnte verhindert werden.
Sorgen wir dafür, daß - wann immer solche Ideen
hervorkommen - sie auf kompromißlosen Widerstand treffen!
Zusammenfassung u. Zitate aus einem Interview mit Reiter auf News Networld
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister!
Sehr geehrte Abgeordnete!
Der französische Staatspräsident Chirac hat vor kurzem mit dem Einsatz von Atomwaffen "gegen Terrorstaaten" gedroht. Die Österreichische Regierung hat dagegen keinen Protest eingelegt. Nun hat sogar einer der ranghöchsten Beamte im Verteidigungsministerium, Sektionschef Erich Reiter, offen gefordert, über den Einsatz von Atomwaffen durch die EU zu reden. (Interview Volksblatt 21.1.06)
Dazu ist festzustellen: Der Einsatz von Atomwaffen ist kein Mittel gegen den Terror. Atomwaffen SIND TERROR. Ihre tödliche Strahlung trifft ALLE, Militär und Zivilbevölkerung gleichermaßen. Atomwaffen zerstören ganze Landschaften dauerhaft als Lebensräume. Der internationale Gerichtshof hat daher den Einsatz von Atomwaffen als völkerrechtswidrig verurteilt (Entscheidung vom 8.Juli 1996).
Es ist ungeheuerlich, daß einer der ranghöchsten Beamten des verfassungsrechtlich neutralen Österreichs sich für atomare Hochrüstung der EU starkmacht! Ich fordere die sofortige Entlassung Reiters aus seiner gegenwärtigen Funktion. Ich rufe alle Regierungsmitglieder und Abgordneten des Parlaments auf, sich massiv gegen gegen eine Politik aufzulehnen, die mit welcher "Begründung" immer gerade auf einen Verrat jener Werte hinausläuft, die sie zu verteidigen vorgibt!
Eine dauerhafte Sicherheit Europas kann nur durch eine Politik der Fairness und friedlicher Konfliktlösung erreicht werden. Ich bestehe auf der Einhaltung der Österreichischen Neutralität als bewährtem Beitrag dazu!
Mit freundlichen Grüßen
Christiane Schmutterer
ARGE ja zur Umwelt, nein zur Atomenergie / Netzwerk für
Neutralität und Abrüstung
Pasettistr. 89/12
1200 Wien
(Wien, am 2.2.06)
Die Massenvernichtungswaffen, die auf unserer Welt schon heute Tag für Tag unermeßlichen Schaden und Leid verursachen, sind der Hunger, die Armut, die Ausbeutung und gnadenlose Umweltzerstörung im Namen eines sogenannten Freihandels.