Arge Ja zur Umwelt, Nein zur Atomenergie



Kein weiterer Ausbau der Atomenergie in Europa. Erneuerbare Energien können den Energiebedarf zu 100% decken.

Renaissance der Atomenergie
oder letzte Galgenfrist?

Selbst gestandenen Optimisten kann es angesichts der heutigen politischen Entwicklungen schon mal etwas flau im Magen werden. Kaum haben wir das Jubiläum "25 Jahre ohne AKW in Zwentendorf" gefeiert, schon erreicht uns die Nachricht, daß die österreichische Regierung der Erhöhung der Euratom-Kredite von 4 auf 6 Milliarden Euro zugestimmt hat, und daß zahlreiche neue Atomkraftwerke in Europa und Rußland geplant sind.

Zwar beteuert die Regierung "hochheilig", daß die Euratom-Kredite zweckgebunden für Sicherheitsmaßnahmen bestehender und Schließungen weiter Anlagen eingesetzt würden, aber die Vergangenheit hat gezeigt, daß es in der Praxis damit nicht weit her ist, also de facto wieder eine öffentliche Subvention für die Atomenergie im ach so auf fairen Wettbewerb bedachten EU-Europa. In Frankreich werden die Weichen für eine neue Generation von Atomkraftwerken gestellt, und in Finnland ist der Auftrag für einen AKW-Neubau nun endgültig vergeben worden. Dagegen erscheint es ja nur mehr als Kleinigkeit, daß die deutsche Regierung nun den Verkauf einer atomaren Wiederaufbereitungsanlage nach China in die Wege leitet. Aber China mit seiner Milliardenbevölkerung steht derzeit am Scheideweg, ob es seinen gigantisch wachsenden Energiebedarf in Zukunft durch erneuerbare oder atomare Energien decken wird. Wenn man den Chinesen "spottbillig" nun eine Wiederaufbereitungsanlage überläßt, könnte das gerade das Zünglein an der Waage sein, statt Windräder und Solaranlagen doch lieber 100 Atomkraftwerke zu bauen, denn in solchen Dimensionen bewegt sich der chinesische Energiebedarf. Von dem "Verantwortungsbewußtsein" einer solchen rot-GRÜNEN Regierung, sich im eigenen Land für einen Atomausstieg im Schneckentempo feiern zu lassen, und dann mit einer Mentalität des "jenseits meiner Grenzen die Sintflut" solche Entscheidungen zu treffen, wollen wir lieber schweigen.

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Damit nicht genug: vor kurzem gab das russische Energieministerium bekannt, daß Rußland neue Atomkraftwerke bauen möchte. Bis zum Jahr 2020 sollen mehr als 30 Prozent des Strombedarfes mit aus Atomkraftwerken gedeckt werden. Damit würde der Anteil des Atomstroms von derzeit 13 Prozent mehr als verdoppelt. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Itar-Tass sollen die russischen Atomkraftwerke in 16 Jahren 300 Milliarden Kilowattstunden liefern. Derzeit sind in Rußland bereits neun Atomkraftwerke mit 30 Reaktoren am Netz.

Nun sind wir in Österreich sogar gezwungen, den tschechischen Atomstrom zu importieren, weil ein Verbot laut EU-Gesetz gegen den freien Wettbewerb verstoße. Wenn die Atomenergie über den EURATOM-Vertrag völlig einseitig mit Steuermilliarden gefördert wird, ist das allerdings ganz in Ordnung.

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Stehen wir vor einer Renaissance der Atomkraft, weil der Schrecken von Tschernobyl schon in der Erinnerung verblaßt?

Trotz dieser ungeheuerlichen Entwicklungen gibt es keinen öffentlichen Aufschrei, die wenigen Leute, die über solche Themen überhaupt informiert sind, zucken die Achseln: Was können wir tun? Der Widerstand, der zu Zeiten Zwentendorfs und Hainburgs noch von breiten Kreisen der Bevölkerung getragen war, zieht sich zunehmend auf die damit "professionell" befaßten Organisationen zurück. "Das leise Sterben der Demokratie" ist eine Schlagzeile, die dem erschreckenden Passanten vor kurzem an Wochenenden von den Ständern einer Tageszeitung ins Auge sprang - als Titel einer Serie über die Geschehnisse des Jahres 1934 - also Herz schlag ruhiger, von diesem Jahr sind wir ja heute unbestreitbar weit entfernt -?... Während in der Öffentlichkeit mehr denn je von Demokratie und Mitsprache der Bürger die Rede ist, wird dann ein Entwurf einer EU-Verfassung präsentiert, der alles andere als demokratisch ist, und der Vertrag zur Förderung der Atomenergie EURATOM entzieht sich weiter jedem Einfluß der Volksvertreter. Rede und Tatsachen klaffen immer weiter auseinander. Trotzdem müssen Bürger heute nicht resignieren. Wichtig ist es, Mitstreiter für ein Anliegen zu finden, sich zusammenzutun, um dann gemeinsam aufzutreten und zu handeln.

Jede zusätzliche Solaranlage hat den Marktanteil der fossilen Energien geschmälert, und soweit sie elektrische Heizungen ersetzt hat, auch den der Atomenergie.

Ein Beispiel: auf jedem achten österreichischen Einfamilienhaus findet sich heute bereits eine Solaranlage. Riesige Mengen an CO2-Ausstoß werden dadurch vermieden, und große Mengen an Heizenergie gespart, wodurch wieder eine Menge Geld im Land bleibt, die sonst für Energieimporte ausgegeben werden müßte. Außerdem ist Österreich heute ein führender Exporteur solcher Anlagen, so als "Nebeneffekt" wurden also noch zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen. Wie ist es aber dazu gekommen? Weniger durch die Initiative "von oben", sondern vor allem durch zahlreiche engagierte Einzelpersonen, die von der Idee, die Sonne als ihre Heizung zu "engagieren", begeistert waren, wurde diese für unser Land so segensreiche Entwicklung in die Wege geleitet. Diese Menschen haben sich in Selbstbaugruppen zusammengetan und mit einigem Idealismus und Zeitaufwand ihre Anlagen zusammenbastelt. Durch diese Initialzündung bekam die Technik einen Entwicklungsschub, konnte durch die gestiegene NachfraAtomkraft nein danke ge zu günstigeren Preisen angeboten werden, und wurde schließlich auch von Firmen als Komplettinstallation zu leistbaren Preisen angeboten. Es liegt auf der Hand, daß jede zusätzliche Solaranlage den Marktanteil der fossilen Energien geschmälert hat, und soweit sie elektrische Heizungen ersetzt hat, auch den der Atomenergie. Heute sind Solaranlagen schon so gut am Markt etabliert, daß sie selbst ohne Förderung die Kosten leicht hereinspielen würden.

Das Potential der Photovoltaik ist nahezu unermeßlich

Heute ist eine ähnliche "stille Revolution" im Bereich der Fotovoltaik (Stromerzeugung aus Sonnenlicht) im Gange, die wiederum vor allem von engagierten Individuen getragen wird. Öffentlich wird der Sonnenstrom als zu teuer diffamiert, wie als wenn es je eine Technik gegeben hätte, die bei ihrer Einführung keine Investitionskosten verlangt hätte. Ohne das Engagement einer kleinen, aber begeisterten Gruppe von Menschen wäre auch diese Entwicklung nie so weit gekommen, weil sie den Interessen mächtiger Lobbies entgegensteht. Das Potential der Photovoltaik ist nahezu unermeßlich. Sonnenstromkraftwerke brauchen keinen zusätzlichen Platz, das heißt, man kann sie auf Dächern, Mauern oder Fahrzeugen installieren, von ein paar hundert Watt aufwärts in beliebiger Größe. Man braucht kein öffentliches Leitungsnetz. Da dies überall auf der Welt außerhalb der Industrieländer, besonders in ländlichen Zonen, ohnehin kaum vorhanden ist, ist klar, welchen ungeheuren Konkurrenzvorteil diese Energieform gegenüber den klassischen Großkraftwerken hat, wenn erst ihre Kosten durch entsprechende Produktionsmengen kräftig gesunken sein werden. An der PC- oder der Mobilfunktechnik haben wir gesehen, wie schnell das gehen kann, wenn der Wille dazu besteht, und die nötigen Investitionen getätigt werden. Die Zeit bis dahin ist eine GALGENFRIST für die Atomenergie. Nachher hat sie keine Chance mehr, und ihre Lobby weiß das haargenau. Deshalb flüchtet sie nach vorne und versucht, durch Kraftwerksneubauten Geld abzuziehen für die falschen Investitionen und schlicht und einfach Fakten zu schaffen, in der Hoffnung, daß wenn die Kraftwerke erst mal gebaut sind, es keine Zwentendorfs werden.

Keinen Atomstrom mehr kaufen

Jeder einzelne von uns kann dieser Entwicklung entgegentreten, ohne auf irgendeinen Politiker angewiesen zu sein: indem er oder sie einfach keinen Atomstrom mehr kauft. Wer resigniert mault, "man könne eh nix machen", und gleichzeitig mit durchschnittlich 16% seiner Stromrechnung die Atomkraft sponsort, verliert jede Glaubwürdigkeit, und dazu gehören tragischerweise 8 Millionen Österreicher minus die Bewohnerzahl einer Kleinstadt. Gehören Sie vielleicht auch dazu? Sie wissen nicht, wie umsteigen? Es ist einfach, rufen Sie einen Ökostromerzeuger an, und lassen sich Umstieg und Tarife erklären.(siehe nächste Seite)

Gegenwärtig mag es den Anschein haben, als ob die Atomenergie wieder an Boden gewinnt. Doch mancher Schein trügt. Wenn Sie aus dem Fenster schauen, ist die Erde vielleicht noch winterlich karg und grau, kein grüner Halm zu sehen, alles wirkt so kalt und starr und leblos. Trotzdem wissen wir: es scheint nur so. Es ist März, und unter der Erde "tut es sich schon", wenn wir das Ohr hinhielten, könnten wir es fast schon hören: wie es quillt und keimt da unten und zum Hervorsprießen nur noch wartet auf die ersten warmen Tage! Halten Sie bei Ihrem nächsten Spaziergang Ausschau nach den grauen Panelen der Solaranlagen oder den tiefblauen der Fotovoltaik, und Sie werden erkennen, daß der “Energiefrühling” schon voll im Gang ist. Denken Sie aber auch daran, daß dieses “Frühlingserwachen” nicht von allein geschieht. Nur mit zahlreichen Mittätern verkürzen wir der Atomenergie ihre Galgenfrist!


Christiane Schmutterer
(Neue Argumente Ausgabe 99, März 2004)

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